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Moderne Zimmerbeleuchtung

von Franz Bendt

In: Vom Fels zum Meer, 1896-97




 

 

Moderne Zimmerbeleuchtung

von Franz Bendt

Zwischen den alten und den neuen Methoden der Zimmerbeleuchtung besteht eine tiefe Kluft, die deshalb von Laienaugen nur in ihren Wirkungen und nicht in ihren Ursachen beobachtet wird, weil die Körper, die Licht verbreiten, fast ausnahmslos dieselben geblieben sind. Nur die Verwendungsweise hat sich sehr wesentlich verändert. Als Mittel für die Zimmerbeleuchtung sind am verbreitetsten und uns allen geläufig die Kerze, die Spiritus- und die Petroleumlampe und die Gasflamme. Alle Körper, welche bei diesen Verwendungen Licht erzeugen, gehören der großen Klasse der Kohlenwasserstoffe an, die sich durch ihre bedeutende Leuchtkraft auszeichnen. Bei der Kerze und den Lampen müssen die Substanzen erst vergast werden, um die leuchtende Flamme zu erzeugen. Aus unseren Gasleitungen erhalten wir dagegen das aus der Kohle entwickelte Produkt gleich fertig geliefert. Bei den alten Methoden der Zimmerbeleuchtung erhielt man dadurch Licht, daß der betreffende Körper verbrannte. Mit diesem Vorgange sind, wie man leicht einsieht, große Uebelstände verbunden. Ein Körper, der brennt, erzeugt Wärme und schickt Verbrennungsprodukte in den Raum, die allemal die Luft verderben und den menschlichen Organismus schädigen. Sendet doch beispielsweise eine Gasflamme mit altem Schnittbrenner so viel von der giftigen Kohlensäure in den Raum, als in der gleichen Zeit acht Menschen ausatmen. Neben diesen hygieinisch eigentlich trostlosen Ergebnissen der älteren Beleuchtungstechnik ist sie auch noch mit einem wirtschaftlichen Nachteile behaftet. Was von der Flame als Wärme und chemische Verbindung ausstrahlt, büßt sie an ihrer Leuchtkraft ein. Nach den Messungen und Berechnungen eines der hervorragendsten Kenner auf diesem Gebiete, des Physikers Langelet, gehen bei den alten Gasflammen fast 99 Prozent der vorhandenen Kraft für die Lichtentwickelung verloren. Das ist ein so erschreckendes Verhältnis, daß wir jetzt, wo wir mit anderen Methoden arbeiten, bei denen die hygieinischen und ganz vorzüglich die wirtschaftlichen Ergebnisse höchst günstige sind, nicht recht verstehen, daß den Technikern viele Jahrzehnte hindurch so ungünstige Bedingungen nicht aufgefallen sind.

In der That haben sich die neuen Beleuchtungsmethoden nicht allmählich aus den älteren entwickelt. Es bedurfte eines besonderen Anstoßes von ganz andrer Seite, um die Gasingenieure zur rüstigen Arbeit zu zwingen. Bis etwa zum Schluß der siebziger Jahre hatten sich die Beleuchtungstechniker mit einer gewissen Lässigkeit ihren Arbeiten gewidmet. Dieses idyllische Dasein wurde durch die Nachricht gestört, daß es in den Vereinigten Staaten einigen Elektrikern gelungen sei, kleine elektrische Lampen zu konstruieren, die sich für die Zimmerbeleuchtung eignen. Ihr mildes angenehmes Licht, das bei der Verwendung frei von allen Nebenprodukten sei, sollte alle andern Lichtarten aus dem Felde schlagen. Diese anfangs als Humbug viel verspottete Neuigkeit entpuppte sich bald als ein für die gesamte Gastechnik verhängnisvoller Fortschritt, als am 1. Oktober 1882 die Notiz durch die Zeitungen lief, daß der Zauberer von Manlo Parc, Edison, einen ganzen Stadtteil in New York mit den neuen Glühlampen glänzend erleuchtet habe. Es begann nunmehr der Siegeslauf der elektrischen Glühlampen durch Amerika und durch die europäischen Staaten.

Eine elektrische Glühlampe besteht, wie ja jetzt jedermann weiß, aus einem luftleeren birnenförmigen Glasgefäße, in das ein Kohlenbügel eingefügt ist. Sendet man durch den Bügel einen entsprechend staken elektrischen Strom, dann erhitzt er sich bis zur Weißglut und spendet ein ruhiges, gelblich weißes Licht. In der elektrischen Glühlampe ist das Beleuchtungsideal erreicht! Die gesamte Kraft wird hier in Licht und nur in Licht umgesetzt! Neben ihrer eleganten Erscheinung und wirtschaftlichen Leistung zeigt sich die elektrische Glühlampe auch in hygieinischer Hinsicht ohne jede Konkurrenz; dann sie allein unter allen Beleuchtungskörpern schickt keine chemischen Stoffe in die Luft und verbreitet keine Wärme.

Durch die elektrische Glühlampe wurde eine ganz neue Methode in die Beleuchtungstechnik eingeführt. Der leuchtende Körper verbrennt nicht, er glüht nur.

Den Beleuchtungstechnikern wurde es bald klar, daß sie nur dann der elektrischen Glühlampe wirksame Konkurrenz machen könnten, wenn sie dieses Prinzip auch bei der Verwendung der Kohlenwasserstoffe adoptierten. Durch die Ausgestaltung und fleißige Durchbildung der Methode haben sich die Gastechniker von ihrer Niederlage erholt; und durch ihre Bemühungen entstand das Gas-, Spiritus- und Petroleumglühlicht. Wenn man gerecht sein will, muß man zugestehen, daß die Gastechniker im Augenblicke sogar einen wirtschaftlichen Sieg über die Elektrotechniker erfochten haben!

Um zum Verständnis des Glühlichtes in den verschiedenen modernen Formen zu gelangen und um sich ein Urteil über die Zukunft dieser neuen Klasse von Beleuchtungsmitteln bilden zu können, möchten wir einen kleinen Ausflug in das physikalische Gebiet der Flammen machen. Eine Flamme ist ein glühendes Gas, das in der Kerzen- und Lampenflamme fortwährend mittels des entzündeten Dochtes aus den Brennstoffen erzeugt wird, oder uns in den Gasröhren fertig zufließt. Die Leuchtkraft der Flamme entsteht durch das Glühen einer fast unendlichen Zahl kleiner Kohlenteilchen, die die Flamme fortwährend ausscheidet und fortwährend wiederum vernichtet.

Schon vor vielen Jahren erzeugten die Naturforscher auch nichtleuchtende Flammen. Das gelingt dadurch, daß man der Flamme eine so hohe Temperatur erteilt, daß die festen Kohlenteilchen so schnell verbrennen, wie sie entstehen; es fehlt ihnen dann gleichsam die Zeit zu glühen und Licht auszusenden. Die bekannteste Vorrichtung, die jede Gasflamme nichtleuchtend machen kann, ist der Bunsenbrenner. Er setzt sich aus einem kleinen Brenner zusammen, über den eine etwa einen Decimeter lange weitere Röhre gestülpt ist, die an ihrem unteren Teile zwei Oeffnungen besitzt. Zündet man oben das Gas an, so wird durch die beiden Oeffnungen der weiteren Röhre wie durch einen Schornstein Luft mit heraufgesaugt, die sich innig mit dem Leuchtgase mischt. Die Luft, oder genauer der Sauerstoff der Luft, macht die Flamme sehr heiß und veranlaßt dadurch die Zerstörung der festen Körperchen. Die Flamme erscheint also lichtlos! Im Bunsenbrenner haben wir, wie sich im weiteren zeigen wird, die Vorbedingung für die Konstruktion der Glühlampen zu sehen.

Gasglühlampe
Gasglühlampe
Doktor Auer von Welsbach in Wien war der erste, der das Prinzip der Gasglühlampe praktisch bis in die Einzelheiten hinein durchführte und dadurch der Erfinder des Gasglühlichtes wurde. Ihm war es klar, daß man einen gut wirkenden Lichtspender erhalten muß, wenn man in die nichtleuchtende Flamme des Bunsenbrenners einen solchen Körper einführt, der sich wohl bis zur Weißglut erhitzen kann, also Licht spendet, der aber nicht verbrennt. Der allbekannte Strumpf unsrer Glühlampen zeigt uns diesen Körper. Es hat sehr viel Arbeit, großen Schafsinnes und bedeutender Kapitalien bedurft, ehe der Glühkörper zu seiner heutigen technischen Vollendung gedieh. Seine Fabrikation gestaltet sich in Kürze folgendermaßen: Ein Baumwollgewebe wird mit Verbindungen aus der Gruppe der seltenen Metalle, der Cer- und der Zirkongruppe, die sich durch ihr großes Lichtausstrahlungsvermögen auszeichnen, imprägniert. Solche Stoffe sind beispielsweise das Zirkon, das Lonthan, das Vidym und das Yttrium. Setzt man nunmehr den so vorbereiteten Körper der hohen Glut des chemischen Ofens aus, dann verbrennt das Gewebe, und der feuerbeständige Rest bleibt in Form des Auerschen Strumpfes zurück. Der Techniker hat es hierbei in der Hand, je nach der Wahl der Grundstoffe, die Lichtfarbe des Glühlichtes zu bestimmen. Natürlich wünscht der Konsument in den meisten Fällen weißes Licht zu empfangen. Das liefert ein Strumpf aus Lonthan oder Zirkonoxyd. Die gleiche Verbindung des Yttrium erzeugt dagegen eine gelblich weiße Flamme.

Die bequemste und zweckmäßigste Form der Zimmerbeleuchtung haben wir unfraglich in der beweglichen Lampe zu sehen. Es ist deshalb wohl selbstverständlich, daß die Beleuchtungstechniker vielfach versucht haben, das Prinzip des Glühlichtes auch auf die bewegliche Lampe, möge sie durch Petroleum oder durch Spiritus gespeist werden, in Anwendung zu bringen. Die Petroleum- und die Spiritusglühlampe ist jetzt ein ständig wiederkehrendes Thema in den Zeitungen. Endlich hat ja auch der Bewohner kleiner Städte und der Landmann, dem keine Gasanstalten zur Verfügung stehen, ein Recht auf ein Beleuchtungsmittel, das auf dem modernen Prinzipe des Glühens beruht. Vorzüglich für die Spiritusglühlampen wurde sogar, als vor einiger Zeit der "Petroleumring" den Preis des Petroleums unwillkürlich herauftrieb, im patriotischen Sinne Stimmung gemacht. Man wies darauf hin, daß unser heimischen Produkt, der Spiritus, beim Besitz einer guten Spiritusglühlampe sehr geeignet sei, uns von den Treibungen des Auslandes zu befreien. Bekanntlich hat der deutsche Kaiser mehrfach sein Interesse für die Entwickelung der Spiritusglühlampe bekundet. Diese lebhafte Bewegung hat eine große Zahl von Spiritusglühlampen hervorgerufen. Ihre Wirkungsweise ist leicht zu verstehen. Zumeist wir der Spiritus durch Dochte aus einem Bassin hochgesaugt und durch eine kleine Nebenflamme vergast. Das Gas tritt sodann in ein Düsenrohr (Bunsenbrenner) ein, wo es wie jedes andere Gas entzündet werden kann. Man empfängt also auch hier eine lichtlose Flamme. Wird nun der Auersche Strumpf in die Flamme gehängt, dann entwickelt er ein schönes weißes Licht, das dem Gasglühlicht sehr ähnlich ist. Die neueste Anordnung der Spiritusglühlampe, die von der deutschen Spiritusglühlampenfabrik in Berlin herrührt, können wir auf unserem Bilde im Durchschnitt und in der äußeren Gestaltung betrachten. In dieser Neuerung sind zwei Bassins vorhanden, von denen das eine zur Speisung der Hauptflamme, das andre zur Speisung der kleinen Vergasungsflamme dient. Spiritusglühlampe
Spiritusglühlampe
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Um eine Spiritusglühlampe in Thätigkeit zu setzen, muß man zunächst die kleine Vergasungsflamme entzünden, damit sich das speisende Gas entwickeln kann. Nach 2 bis 3 Minuten ist dann die Lampe gebrauchsbereit. - Nach gleichen Prinzipien sind übrigens auch Petroleumglühlampen konstruiert worden.

Durch einen Fortschritt auf chemischem Gebiete hat die alte Beleuchtungstechnik mittels Verbrennung neuerdings wieder von sich reden gemacht. In unserem Leuchtgase befindet sich u. a. Kohlenwasserstoffen auch das Acetylen, das dem Gasgemische zum Teil seine Leuchtkraft verleiht. Die reine Acetylenflamme besitzt eine fünfzehnmal so große Helligkeit, als das gewöhnliche Gasometergas. Es ist nun kürzlich gelungen, den bisher teuren Körper billig darzustellen. Man erhält Acetylen aus dem Calciumkarbid, indem man dieses Kunstprodukt mit Wasser übergießt. Die sehr helle Acetylenflamme muß in besonders konstruierten Brennern entwickelt werden, weil sie sonst sehr stark rußt. An solchen Orten, wo man über keine Gasanstalten verfügt, kann man daher sehr leicht Acetylenbeleuchtung einführen, wenn man Gefäße mit Calciumkarbid und Wasser gefüllt aufstellt, die ohne weiteres den Leuchtkörper entwickeln. Immerhin möchten wir dennoch unsern Lesern die Acetylenbeleuchtung nicht empfehlen. Das Acetylengas ist mit Luft vermischt stark explosiv und, besonders in der Gegenwart von Kupfer und Messing, sehr gefährlich für Laienhände. Am wenigsten aber eignet es sich für die Zimmerbeleuchtung; es wirkt durch Verbrennung und entspricht daher nicht den hygieinischen Anforderungen, die wir jetzt berechtigt sind, an Vorrichtungen zu stellen, die zur Beleuchtung geschlossener Räume dienen.

Wir machten oben auf die Erfolge, die die Gastechniker in den letzten Jahren errungen haben, aufmerksam. Dieser wirtschaftliche Sieg wird ihnen im Augenblick wiederum lebhaft von den Elektrotechnikern bestritten. Es ist in der That ein sehr richtigen Bild, wenn man von einem dauernden Kampfe zwischen diesen beiden Technikerkreisen spricht. Bisher wurde bekanntlich die elektrische Bogenlampe ausschließlich in großen Formen zur Beleuchtung von öffentlichen Plätzen, Straßen, Bahnhöfen u. dgl. verwendet. Man hat sie jetzt so klein gebaut, daß sie sich auch für die Zimmerbeleuchtung eignet. Das ist dann aber die billigste Art, in der wir fähig sind, unsre Häuslichkeit mit Licht zu versorgen.

Nachdem wir in großen Zügen die technische Seite unseres Themas ins Auge gefaßt haben, wollen wir uns nunmehr mit dem Preise der einzelnen Beleuchtungsarten beschäftigen. Ein für allemal soll bei der Preisschätzung die Lichtmenge angenommen werden, welche eine der gewöhnlichen elektrischen Glühlampen, die man überall beobachten kann, in einer Stunde aussendet. Um uns dabei nicht in technische Einzelheiten zu verlieren, mögen die unvermeidlichen Verluste, die sich hierbei bilden, gleich mit in Rechnung gezogen werden. In dieser Weise preisgeschätzt, stellt sich der Lichtverbrauch für die Gasglühlampe auf 0,7 Pfennig, für das Spiritusglühlicht auf etwa 2½ Pfennig. Die gewöhnlichen Petroleumlampen verzehren in der Stunde für 2, die mit Rundbrennern ausgestatteten für 2½ Pfennig Petroleum. Teuer ist verhältnismäßig die elektrische Glühlampe, denn sie erfordert bei der oben angegebenen Leistung einen Aufwand von 3 Pfennig. Die elektrische Bogenlampe liefert dagegen die gleiche Lichtmenge schon für einen halben Pfennig. Der Gasverbrauch in den alten offenen Flachbrennern erfordert einen Aufwand von fast vier Pfennig. Alle andern Beleuchtungsarten übersteigt aber im Preise das Acetylen.

Ordnen wir der Uebersicht halber die vorstehenden Angaben in der Weise, daß die Beleuchtungsarten sich folgen, wie der Preis steigt, dann ergibt sich die Reihe: elektrisches Bogenlicht, Gasglühlicht, Spiritusglühlicht, Petroleum, elektrisches Glühlicht, Gaslicht mit altem Brenner, Acetylen.

Aber nur zum kleinen Teile spielen allein wirtschaftliche Vorteile bei der Beurteilung von Gebrauchsgegenständen eine Rolle; in hervorragendster Weise sind dabei auch hygieinische und ästhetische Eigenschaften zu berücksichtigen. Wenn wir in diesem Sinne die Frage stellen, welcher Beleuchtungsmethode die Palme gebührt, dann müssen wir sie, wenn es sich um die Zimmerbeleuchtung handelt, ganz entschieden der elektrischen Glühlampe zuerkennen. Betrachten wir, um das zu beweisen, nochmals kurz die einzelnen Beleuchtungsmethoden und lassen wir die einzelnen Phasen, die vom Entzünden bis zum Erlöschen bei ihnen sich folgen, an unserem geistigen Auge vorübergehen. Um Licht zu erwecken bedarf man bei fast sämtlichen Beleuchtungskörpern mehr oder minder komplizierter Handgriffe und Hilfsmittel. Allen für die elektrische Bogenlampe und das elektrische Glühlicht ist das Streichholz eine gestürzte Größe; Ein Griff genügt, um Licht zu spenden und Licht zu verlöschen. Das ist gewiß eine Annehmlichkeit, die nicht hoch genug geschätzt werden kann.

Beleuchteter Spiegel
Spiegel mit elektrischen Glühlampen
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Ueber die hygieinischen vortrefflichen Eigenschaften der elektrischen Glühlampe haben wir schon gelegentlich mancherlei angeführt, sie ist in dieser Hinsicht ohne Konkurrenz, denn sogar beim Gasglühlichte treten, wenn auch in geringerem Maße als bei der offenen Gasflamme, Wärme und chemische Produkte in den erleuchteten Raum. Aus diesem Grunde müssen wir energisch protestieren, daß man letzthin allein aus wirtschaftlichen Gründen in Krankenhäusern das elektrische Glühlicht durch das Gasglühlicht ersetzt hat.

Gelegentlich der berechtigten Lobpreisungen der elektrischen Glühlampe wollen wir auf eine Eigentümlichkeit hinweisen, die recht deutlich zeigt, wie die Glühlampe praktische und ästhetische Eigenschaften in sich vereinigt. Fast sämtliche andern Beleuchtungskörper, auch die Gasglühlampe, wirken - wie das die Gewohnheit der Flamme ist - von unten nach oben; es werden daher Schatten erzeugt, und die Beleuchtung des Raumes gestaltet sich unregelmäßig. Das elektrische Glühlicht allein entwickelt sich beliebig nach jeder Richtung, also auch - und darauf kommt es hier besonders an - von oben nach unten. Wie vorteilhaft das gelegentlich sein kann, erläutert unmittelbar die Anordnung der Glühlampen am Toilettenspiegel in unserm Bilde, vor dem die Person, welche sich spiegelt, gleichsam von einem Lichtmantel umflossen wird.

Zum Schlusse noch einige Bemerkungen über eine rein ästhetische Frage. Welche Farben von allen Lichtarten, die die verschiedenen Beleuchtungskörper aussenden, sind dem Auge am angenehmsten ? Nun, das ist allerdings eine Frage des Geschmackes und daher nicht direkt zu beantworten. Immerhin gibt es gewisse Regeln in der Beurteilung des Schönen, zu denen sich im Durchschnitt alle Gebildeten bekennen. Dazu gehört auch der Satz, daß das Licht dem Auge am schönsten erscheint, das dem Lichte der Königin des Tages, der Sonne, am ähnlichsten ist, das sich uns als ein reines Weiß darstellt. Aber dieser Satz erfordert, soweit er für die nächtliche Beleuchtung gilt, eine gewisse Einschränkung, die auf die Gewohnheit des Menschen zurückgeführt werden muß. Die sämtlichen künstlichen Lichtarten von der Kerze bis zur Gasflamme, die uns seit der Väter Zeiten des Abends Licht spenden, haben einen gewissen gelblichen Schein, wie endlich ja auch der Mond und die Gestirne des Himmels. Im gelblichen Farbenton sind wir gewohnt, den Ball- und den Theatersaal und unsre Zimmer erleuchtet zu sehen; ja die Farbenzusammenstellung in den Toiletten unsrer Damen haben sich unter diesem Eindruck entwickelt. Jede Abweichung von dieser Gewohnheit stört die Gesamtwirkung und verletzt unser Schönheitsgefühl. Das ist der Grund, daß der bläulich weiße Schein der elektrischen Bogenlampe das Auge des Großstädters blendet und das grünlich kalte Licht des Gasglühlichtes ihn verletzt. Das elektrische Glühlicht mit seinen gelblich weißen Strahlen paßt sich den Forderungen, die wir an eine elegante Beleuchtung stellen, in erwünschter Weise an, und um so mehr, da die starke Verwandtschaft seines Farbentones zum Weiß einen eleganteren Eindruck erzeugt, als sämtliche andern gelblich scheinenden Beleuchtungskörper. Elektrische Bogenlampe
Bogenlicht für Zimmerbeleuchtung in Verbindung
mit Glühlicht. Größeres Bild

 

 


 

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© 2005 Erik Leger

 

 

Aus: Vom Fels zum Meer 1896-97.